2100 – CO2? H20! – Die Schweiz im Krieg

Die Sonne scheint grell durch die Fenster der Schulungsräume der Kaserne Frauenfeld. Ich schaue mit wehmütigem Blick auf den kleinen Waldstreifen vor dem grossen Eisenzaun, der direkt am Ufer der Thur den Waffenplatz zur Freiheit begrenzt. Die herbstlichen Farben der Bäume schimmern und funkeln im leichten Spätsommerwind und man riecht durch das gekippte Fenster den Herbst nahen. Im Klassenzimmer sitzen meine Mitaspirants-Kollegen, die in wenigen Wochen als Unteroffiziere der Artillerie einige Rekruten als Gruppenführer durch die härtesten 17 Wochen ihres Lebens begleiten werden.

«Soldat Birrer!», erschallt die grelle und bestimmte Stimme des Stabsadjudanten Baaders durch den Raum.
Im zartestens Thurgauerdialekt werde ich in meiner medidativen Stimmung von der herbstlichen, farbigen Stimmung in den grauen Klassenraum zurück befohlen.

«Sie wissen meine Herren, wenn es in der Schweiz wieder zu einem Krieg kommt, dann wird es der Wasserkrieg!». In diesem Spätsommer des Jahres 2002 waren wir eine Truppe von rund 20 Soldaten, die den freiwilligen oder erwzungenen Drang verspürten, etwas mehr für den Staat zu leisten. Dies mit der Aussicht auf geringen Ruhm, viel Arbeit und die Sandwich-Position zwischen Soldaten und Offizieren als Korporal.

Meine Kollegen und ich nahmen Baadres exentrisch präsentierte Drohung eines Krieges auf Schweizer Staatsgebiet eher mit einem Schmunzeln als mit der mir heute bewussten Ernsthaftigkeit entgegen.
Doch hallten und hallen seine Worte nach wie vor in meinem Hinterkopf bis heute, 20 Jahre später, nach.

Heute bin ich der festen Überzeugung, dass Stabsadjudant Baader recht hatte!

Was hat meine eher belustigte Meinung gewandelt?

Einerseits die Geschichte, andererseits das mittlerweile mir bekannte Wissen über das Thema Trinkwasser.

Zur Geschichte:

Die Geschichte des «Wassers» auf der Erde füllte wohl wiederum ganze Bücher. Doch einfach zusammengefasst in etwa war es so, dass die UrErde, die heute rund 4.6 Milliarden Jahre alt ist,
ein heisser Feuerball war. Die Atmosphäre war um die 100 Grad Celsius heiss und der partielle Druck durch Wasserdampf massiv höher als heute. Kurzum: Auf der Erde war es wie in einem Dampfkochtopf. Durch diverse Umstände kühlte die Erde langsam ab und es regnete dann für tausende von Jahren – am Stück. Dies bildete die Ozeane und der Planet kühlte aus und wurde blau.

Von den rund 1.4 Milliarden Kubikkilometern Wasser auf dem Planeten, sind rund 97.5 % Salzwasser in den Ozeanen. Die rund 2.5% Süsswasser (rund 35 Mio Kubikkilometer) sind als Eis in Gletschern, sehr tief liegendem Grundwasser, dem Arktischen und Antarktischen Eis gebunden und mit einem kleinen Anteil von nur etwa 0.3% als nutzbares Trinkwasser in Seen, Flüssen und Stauseen zur Verfügung. Von diesen 0.3% des verfügbaren Wassers müssen die Menschen und Tiere leben, die Äcker bewässert werden und gewisse Industrieen betrieben werden.

Dies zeigt mal in erster Linie, was für ein knappes und somit wertvolles, lebenswichtiges Gut das Trinkwasser ist.

Kriege und Konflikte um Wasser waren auch in der jüngsten Geschichte bereits Realität. So wurden die Juden im 17 Jh. bezichtigt, Brunnen vergiftet zu haben, was ihre Verfolgung legitimierte. Auch der Krieg zwischen Israel und Syrien im Sechstagekrieg war erstinstanzlich darauf fokussiert, dass sich Israel die Trinkwasserquellen der Golanhöhen sichern konnte.

Das knappe Gut:

Sinnfreie Profitgier, ein unverhältnissmässiges Wachstum der Weltbevölkerung, umweltbelastendes Verhalten und der Klimawandel (mal unabhängig ob menschengemacht oder nicht) tragen hauptsächlich dazu bei, dass das onehin knappe Gut «Trinkwasser» noch rarer wird.
Dies wäre alles wohl nicht so kritisch, hienge das Leben des Menschen nicht nur metaphorisch sondern echt davon ab. Der Mensch benötigt zum Überleben täglich rund 2 Liter «sauberes» Wasser, dass er dem Köper zuführen sollte. Bei 9 Milliarden Menschen ergibt dies bereits eine beachtliche Kubatur an Wasser.
Und trotz des hohen und notwendigen Wertes beträgt der Preis pro Kubikliter, also 1’000 Liter, in der Schweiz lediglich um die CHF 2.- (je nach Region und Gewinnungsart). So kann ich also mehr also beinahe drei Jahre das täglich zu trinkende Wasser für NUR CHF 2.- bekommen (inkl. Abwasserkosten). Die letzten Jahre pendelte sich der pro Kopf Wasserverbrauch eines Schweizer oder Schweizerin bei rund 300 Liter / Tag ein. Dies beinhaltet dann jedoch auch die Hygiene (Duschen, etc), WC-Spülung, etc… Und dennoch sind dies dann NUR rund 70 Rappen am Tag!

Sinnfreie Profitgier
Konzerne, allen voran CocaCola und Nestle haben längst den Wert des Trinkwassers erkannt. Nicht nur, dass solche weltweit agierenden Konzerne dreisterweise Trinkwasser in schnittige Wasserflaschen abfüllen und dann den Liter für den Preis eines Kubikliters verkaufen, also Faktor tausend. Da könnte man sich bei jedem Schweizer fragen, ob er sich dessen bewusst ist und sich hintersinnen, wieso er nicht einfach den Hahnen aufdreht!
Nein – diese Konzerne treiben dieses Spiel auch in Regionen der Welt, wo kein Trinkwasser aus dem Wasserhahn die Selbstverständlichkeit darstellt. Wie in vielen Regionen auf Amerika, Norddeutschland oder Afrika, wo diese Konzerne für ihre Flaschenwasserproduktion Grundwasser abpumpen und so den dortig Ansässigen das Trinkwasser zum verknappten Gut werden lässt. SIe zerstören aus reiner Profitgier, mit der plumpen Strategie Wasser abzupumpen, die Landwirtschaft und den Bürgern nehmen sie die Lebensgrundlage weg, um dann in Flaschen zum x-fachen des natürlichen Preises anzubieten.

Bevölkerungswachstum
Diese Rechnung ist unabhängig jetweder Wertung ganz einfach: Je mehr Menschen, desto höher der Trinkwasserbedarf. Fehlendes Trinkwasser in sauberer Qualität bedeutet unhygienische Zustände, was wiederum zu Krankheiten führt und andererseits Mangelerscheinungen auf Grund einer chronischen Dehydrierung.

Umweltbelastendes Verhalten
Es ist nachweislich, dass unser Trinkwasser zunehmends belastet ist. Bspw. wird vorwiegend in Entwicklungsländern durch internationale Konzerne, wie bspw. auch Unternehmen mit Sitz in der Schweiz (Glencore als Beispiel) Kobalt in alten Kupferminen in Afrika abgebaut, um dieses dann in der Batterientechnologie zu nutzen (Bspw. für Batterien in eAutos und anderen Energiespeichern). Diese Produktion bzw. Förderung und Verarbeitung wird nicht unter Schweizerischen Umweltstandards getätigt, sondern lässt bspw. den Niger mit Schwefelsäure(-Derivaten) belastet, was das ohnehin knappe Gut für die dortigen Bewohner untrinkbar macht oder beim Konsum zu Krankheiten führt.
Doch auch bei uns ist wird, wenn auch regulierter und sicherlich erheblich geringer als anderswo durch den Einsatz gewisser Mittel in der Landwirtschaft, dem Mikroplastik (Bspw. durch Abbrieb von Pneus von Verbrenner- wie auch eAutos) und anderen Substanzen belastet. Belastungen die durch die klassischen ARA (Abwasseraufbereitungsanlagen) nicht restlos getilgt werden können.

Klimawandel
Der Klimwandel trägt vor allem dazu bei, dass sich das Vorkommen geografisch, jedoch auch phyiskalisch und chemisch «verändert». So können topologische Gegebenheiten, in Kombination mit durch den Klimawandel verursachte Naturereignisse, also sekundäre Auswirkungen, das Wasser im Untergrund umlagern oder durch bspw. das Abschmelzen der Gletscher (Gebundene Wasserreserven) oder nicht in ausreichender Geschwindigkeit sich wiederauffüllende Wasserspeicher (Stauseen), das Trinkwasser regional ebenfalls «rarer» machen, als es bislang verfügbar war. Auch wird durch die Erderwärmung mehr Wasser in die Atmosphäre «umgelagert» durch Verdunstung. Mehr Wasserdampf, was das volumenteilmässige grösste Treibhausgas ist, kann in einem Rückkopplungseffekt dazu führen, dass durch den Wasserdampf auch die Erwärmung beinahe «exotherm» antreibt.

Was wird (in naher Zukunft) geschehen?

Die Wasser wird nicht weniger oder mehr. Doch wird das Trinkwasser durch obige Faktoren rarer und unzugänglicher. Unzugänglicher für bestimmte Bevölkerungsgruppen, sowie geografische Regionen.

Dies bei steigendem Bedarf nach Demselben.

Eine logische Konsequenz ist, dass wenn es letzten Endes um Leben mit Wasser oder Sterben ohne Wasser gehen wird, Staaten und ganze Bevölkerungsgruppen zum Wasser kommen werden, wie die Tiere in der Savanne zu den wasserreichen Oasen und Wasserlöchern.

Die Schweiz verfügt im europäischen Kontext ein qualitativ und quantitativ hohes Wasservorkommen bzw. Wasserreserven. Sowie Speichermöglichkeiten. Auch können die Alpen das als Dampf in der Atmosphäre «schwebende» Wasser einfacher kondensieren lassen und als Regen auf die Erde regnen lassen.

Doch auch diese Reserven und Trinkwassergewinnungsmöglichkeiten sind quantitativ limitiert. In naher Zukunft wird die Nachfrage an Schweizer Wasser steigen, um die eigenen Defizite und Mankos zu decken.

Ich persönlich befürchte, dass die Schweiz sich mit den umliegenden Ländern, aber auch mit zunehmden Migrationsströmen der immer grösser werdenden Sahel Zone Afrikas konfrontiert sehen wird.

Kontingentierung und Rationierung des Wassers wird dann unausweichlich. Doch wer hat das Recht auf das «Schweizer» Wasser? Sind es, wenn es ums Überleben geht, die Schweizerinnen und Schweizer oder auch unsere Nachbarn oder gar jene aus Fernost (zb China), welche aktuell versuchen, sich die Trinkwasservorkommen der Schweiz zu sichern?

Am Ende der Fahnenstange wird das Wasser ein umkämpftes Gut sein. Und, sofern wir als Schweiz überleben wollen, bleibt wohl nur in letzter Konsequenz, das Wasser rationiert und kontrolliert abzugeben und die Quellen und Reserven mit allen verfübaren Mitteln zu schützen. Dies wird solange gut gehen, solange die Abnehmer einvernehmlich unser Wasser bekommen. Doch was, wenn das Wasser dermassen knapp wird, dass nur noch unsere Mitbürger versorgt werden können und die Dürstenden an den Grenzen nach Wasser lechzend zu allem bereit sind?

Was können wir tun?

Meine einfachste Antwort: ich weiss es nicht!

Doch weiss ich, dass nur durch Innovationen, zu welchen die Schweiz durchaus Chancen hat, welche wir den nach Wasser ringenden zuspielen können, um bspw. aus Meerwasser Trinwkasser zu gewinnen, werden wir bestehen können und uns eine grosse Gefahr vom Halse halten können.

Ungeachtet der Zukunftsgedanken müssen wir, jedoch nicht durch panisch beschlossene Sanktionen der Behörden und Politiker, sondern durch das Lernen des bewussten Umgangs mit der Natur und den natürlichen Ressourcen, den Wasserkonsum bewusster wahrnehmen. Und vor allem den Ländern, die nicht über unseren Erkenntnisstand verfügen, versuchen mit allen Mitteln, dieses Bewusstsein ebenfalls mitgeben zu können.

Interessante Links:

https://www.quarks.de/umwelt/faq-so-viel-wasser-gibt-es-auf-der-erde/

https://www.blick.ch/community/china-will-walliser-quelle-die-community-aergerts-zuerst-wasserrechte-verkaufen-und-dann-fuer-milliarden-wasser-kaufen-id18407520.html

https://www.srf.ch/play/tv/nano/video/zunehmende-wasserknappheit?urn=urn:srf:video:11231d8f-31c8-429f-9cd7-a2389a6ec74f

https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/faszination-wasser-mit-uli-kunz-100.html

https://www.ardmediathek.de/video/dokus-und-reportagen/kampf-um-das-trinkwasser-welche-auswirkungen-der-klimawandel-hat/hr-fernsehen/Y3JpZDovL2hyLW9ubGluZS8xNjMxNDU

https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/mission-trinkwasser-wie-stillen-wir-den-durst-der-menschheit-100.html