Es sei mir durch Johann Lüthi, dem Sänger, Musiker, Leinenweber, Dichter und Urheber dieses traditionellen Rigilieds verziehen, sein Werk als Basis für meinen hier folgenden Text zu nehmen. Doch was trifft es besser.
Nun denn – Es ist Freitag. Freitag der vierte April 20. 4.4.2020, eine anmutende Jahreszahl. Zumindest nach dem gregorianischen Kalender. Nach jüdischem Datum: 10. Nisam 5780 eher ein allzu gewöhnlicher Freitag. Zudem ist es schön, das Wetter. Mit angenehmen rund 15° Celsius auf rund 450 Metern über Meer bringt der einziehende Lenz in der Zentralschweiz die Heuschnupfianer zum Weinen. Es schniift und triift aus den Nasen und so mancher harmloser Pollen-Nieser verbreitet Angst und Schrecken in seinem näheren Umfeld. Denn es ist noch da, das maledeite Corona.
Mit einem Versorgungsauftrag im Gepäck beschliesse ich also die wohlige Heimat, namentlich Meggen, in Richtung Vitznau mit dem vollgeladenen Kombi zu verlassen. Da haben wirs. Vo Luzärn uf Wàggis zue bin ich also voller Tatendrang, mit einem Krummen im Munde und Diesel im Tank, davon gedampft.
In dieser Zeit ist, wir befinden uns in Mitten der Corona-Krise und der bundesrätlich empfohlenen Stay-at-home Ära, ist die Rigi trotzdem von Touristen besetzt. Die ganze Rigi? — nein, ein kleines unbeugsames Anwesen leistet seit Jahren erbitterten Widerstand gegen Eindringlinge. Und diese haben es nicht leicht. Denn unermüdlich versuchen die Behörden und viele viele kluge Menschen die anderen davon zu überzeugen: Stay at home!
Und genau dieses Anwesen auf der Rigi.First ist mein Ziel.
Ich fahre also mit gemässigten 48 Km/h durch Meggen und aufeinmal….. *frmmmmmmm*… ein Motoradfahrer klebt an meinem mobilen Arsche. Gleich hinten links. Kaum erkennbar, da teils im toten Winkel. Also vergleichbar mit einem unerwünschten Pikel am Allerwertesten, unmöglich alleine weg zu kriegen. Unbeirrt dank der beruhigenden Wirkung meines Krummen Villigers im Munde beschleunigte ich zwar auf 51 Km/h und lies den Pikel seiner Natur gemäss gewähren. Erfreulich für meines Auto Hintern, unerfreulich für das Prinzip des friedlichen Verkehrs auf den Strassen, erlangte ich kurz vor Merlischachen die in Meggen beginnende 60er Zone. Der Pikel fand nach einem kurzen, mit viel Lärm und Pomp verursachten Überholmanöver eine neuen Möglichkeit, an den Auto vor mir, sich anzubiedern. Nach dieser ersten Episode innert den ersten fünf Minuten Autofahrt fühlte ich mich entspannt und ich fuhr in Merlischachen ein.
Es freute mich, nebenher im Radio Central Ländlermusig lauschend, dass in Merlischachen der Verkehr flüssig und ohne weitere Zwischenfälle weiter floss.
Nach passieren der 80er Strecke nach Küssnacht stehe ich am Berg. Berg ist wohl etwas übertrieben die nach dem Dorfzentrum sich nach Weggis führende Anhöhe bei der Räbmatt zu nennen. Doch es geht aufwärts. Jedoch nur was die Höhenmeter betrifft. Am neuen Kreisverkehr, der in seinem Zentrum ein aus Kies und Steinen ruhendes Flu.Flu Vanille Puddingli hat, kam es doch beinahe zu einem Zusammenstoss von sechs Gummireifen. Wohlmbemerkt befinden wir uns in einer Kerzone des Dorfes mit Temp 50. Eine zweirädrige Töff-Furie, als wäre diese von den Walkyren gejagt, schoss an uns links vorbei in Kreisel und konnte nur in letzter Sekunde dem sichere Zerquetschtot durch ein Auto und dem Stein-FluFlu entkommen.
Als wäre dies der Start einer Odysse gewesen beginnt es nun immer interessanter zu werden auf dem Weg nach Weggis zue.
Ein regelrechtes: “vorwärts (frumm), bremsen (quietsch), ausweichen (iiik), gas geben und dann von Vorn” ist losgetreten. An der Spitze dieses motorisierten Drachens befand sich der reguläre ÖV Bus, dicht gefolgt, wenn nicht eher schon beinahe symbiotisch vereint, ein kleiner falcher, flitziger BMW. Im Anschluss zwei handelsübliche Normalwagen und am Ende, ich. Erstaunt bin ich einerseits, über den sich mit wild gestikulierenden Händen durch das Schiebedach aufregenden BMW Fahrer. War seine Hoffnung vom Busfahrer gesehen zu werden? Falls ja, schien die gewählte Form der Kontaktaufnahme eher fruchtlos. Zum anderen war es das Stop and Go, das durch die sich trotz Fahradstreifen!, auf der schmalen Strasse befanden. Mit grimmigen Mienen, Mücklein zwischen den Zähnen und triumphierend, als schwächstes Glied im Strassenverkehr, die Macht zu haben, ganze Busse, ja gar ganze Autokolonnen auszubremsen. Sie liessen sich auch auf Zuruf der Autofahrer mittels den bereits erwähnten Gestikulationen und Hukonzerten nicht beirren. Sie gaben Alles. Schweissgebadet und eher einen Kollaps erleidend als den Stolz zu brechen und auf dem Fahradstreifen zu fahren, machten die Automobilisten das Spiel mit. Es macht sich leider nicht allzu gut und vor allem ist das Risiko, dass es an mangelnden plausiblen Ausflüchten fehlt, wenn man aus Versehen neben einem Fahrradfahrer einen sanften, doch bestimmten Schwenker nach rechts erleidet. So liessen wir das ganze Schauspiel geschehen und konnten bei einigen Gelegenheiten vorpreschen.
In Weggis angekommen, auf der Umfahrungsstrasse bot sich eine herrliche Ausssicht auf den Vierwaldstättersee und die auf dem Rastplatz befindlichen Töff-, Cabrio- und Velofahrer, die sich in grossen Gruppen schaarten. Fotos machend, Bier trinkend und sich in den Armen liegend liess diese Idylle den Corona für einen kurzen Moment vergessen.
Nach gemütlicher Weiterfahrt erreichte ich das nächste Abenteuer. Und ja, teuer kam es einige zu stehen. Denn der vermeindliche Fotograf, kauernd, auf der Lauer im Busch neben dem Strassenrand liegend machte nicht wie auf den ersten Blick vermuten lässt Makro-Aufnahmen des Asphaltes, sondern war ein Festkörperphysiker. Doch auch die erst gedachten Laser-Experimente enthüllten sich spätestens in der Lützelau als mehr angewandte als Experimentalphysik. Der Laser schien der Geschwindigkeitsmessung zu dienen und bedient wurden die zu rassigen Kunden dort mit Strafzetteln.
Zynischerweise schien es den durch die Obrigkeit allen gleichangezogenen Damen und Herren im Namen des Staates wichtiger zu sein, die Corona-Bürgschaften gegenüber den Banken abzufedern, als bspw. vor den Augen der Selben, bspw. Motorad- und /oder Fahrradfahrer, die zu dritt, nebeneinander fuhren zu rügen.
Im Zeitplan liegend erreichte ich dann endlich die Tiefgarage in Vitznau und konnte in die leer erwartete Rigi-Bahn umladen. Als erster in der Bahn sitzend besetze ich gleich den ersten Platz beim Eingang. Um die Leute zu motivieren, sich möglichst mit Abstand von mir weg hinzusetzen, stiess ich ein gekonnten Huster und Schniefer beim Eintreten weiterer Fahrgäste aus. Es wirkt. So genoss ich zeitweilens während der Fahrt den Mindestabstand mit Abstand.
Wàhrend der meditativen und aussichtsreichen, rund 20 Minuten dauernden Fahrt, liess ich meine Fahrt Vo Luzern uf Vitznau zue nochmals gedanklich Revuee passieren.
Ich lag so falsch, sowas von im Irrtum! Und nun muss ich ein Wort des Dankes aussprechen!
Da ich nicht mit soviel Ignoranz, Dummheit, Egozentrismus, Arroganz und dem nicht befolgen von Anweisungen des Bundesrates (stay at home) der Mitbürger rechnen möchte, liessen meine Gedanken nur einen Schluss zu: Danke zu sagen!
An all die Cabrio- und Motorradfahrer aus Zürich, dem Aargau, dem Ob- und Nidwalden, aus Zug und dem Urnerland ein herzliches Dankeschön, dass ihr selbstlos in dieser Krise uns Luzerner und Schwyzer unterstützt. Sei dies mit Transportfahrten, Patiententransporte und Einkäufen für Senioren. Auch den Radfahrern ein Dankeschön, die mit ihrem unermüdlichen, sich nicht vom Kurs abbringenden Einsatz für die Übermittlung von Botschaften einsetzen. In diesem Sinne moderne Brieftauben, welche in den schweren Zeiten, nicht handy erschlossene Bürger am Puls der Nachrichten halten.
Danke! und macht weiter so – Damit aus der stay-at-home Empfehlung des Bundes auch bestimmt eine stay-at-home Pflicht entsteht!